Ich habe in meinem Leben unzählige Coaching-Texte gelesen.
Motivierend, inspirierend, gut gemeint – ja.
Aber irgendwann merkt man: Es ist immer das Gleiche.
„Dein Glück liegt in dir.“
„Verändere deine Gedanken, und du veränderst dein Leben.“
„Du allein entscheidest, wie du dich fühlst.“
Und jedes Mal denkt man kurz: „Ja, vielleicht hilft mir das ja diesmal wirklich.“
Aber nach dem dritten, fünften, zehnten Durchgang mit genau dieser Botschaft bleibt nur noch eins:
Frust.
Nicht, weil die Idee grundsätzlich falsch ist.
Sondern weil sie sich anfühlt wie eine schön verpackte Vereinfachung – ein Mantra, das sich gut verkaufen lässt, aber selten trägt, wenn es wirklich ernst wird im Leben.
Coaching-Floskeln mit Verfallsdatum
Viele dieser Texte funktionieren wie ein Schaltkreis:
Du bekommst eine allgemeingültige Weisheit, ein paar emotionale Trigger und dann…
die Einladung zu einem kostenlosen Webinar, einem 7-Tage-Online-Kurs oder einem günstigen Einstiegspaket.
Und bevor du dich versiehst, bist du in einem System aus Upsells, Folgekursen, Jahresprogrammen, Masterminds –
alles aufbauend auf dem Versprechen: „Diesmal kommt der Durchbruch.“
Doch was, wenn der Durchbruch ausbleibt?
Was, wenn du am Ende nur noch besser gelernt hast, deine eigenen Gedanken zu hinterfragen –
aber trotzdem nicht weißt, wie du mit deiner Überforderung, deiner Müdigkeit oder deiner finanziellen Realität umgehen sollst?
Ich bin nicht mehr die Zielgruppe für Hochglanz-Coaching
Ich brauche keine Motivationssprüche mehr.
Ich brauche keine inszenierten Erfolgsgeschichten, in denen alles rückblickend plötzlich Sinn ergibt.
Ich brauche keine Luftblasen, in denen sich alles auf positive Energie, Mindset und Frequenzen reduziert.
Ich will echte Auseinandersetzung.
Ich will keine Anleitung. Ich will eine Konfrontation – mit mir selbst.
Ich will Raum für Widersprüche, für Ambivalenz, für Zweifel.
Das eigentliche Problem: Es geht oft gar nicht um dich
Was mich besonders stört:
Hinter vielen dieser Programme steht kein echtes Interesse am Menschen.
Es geht nicht um deinen Prozess, deine Tiefe, deine Lebensgeschichte.
Es geht um Conversion.
Um Kundenbindung.
Um Community-Aufbau.
Um Personenkult.
Und wenn du nicht weiterkommst?
Dann liegt’s natürlich an dir.
Du hast nicht „genug gewollt“, „zu früh aufgegeben“, „dein inneres Kind nicht richtig umarmt“ oder „noch nicht tief genug gearbeitet“.
Diese Verantwortung zurück auf den Coachee zu schieben, ist nicht nur bequem –
es ist auch verdammt übergriffig.
Was bleibt, wenn der Glanz abblättert?
Erfahrung. Ja.
Du wirst mit der Zeit reflektierter. Du erkennst Muster. Du lernst Tools.
Aber du merkst auch: Du drehst dich oft im Kreis.
Weil niemand mit dir da bleibt, wo es wirklich weh tut.
Weil sich kaum ein Angebot traut zu sagen:
„Es gibt keinen schnellen Weg. Und vielleicht auch keinen einfachen.“
Ich habe keine Patentlösung.
Aber ich habe genug erlebt, um sagen zu können:
Wenn dir jemand eine perfekte Lösung anbietet – sei misstrauisch.
Fazit: Zwischen Wachstum und Vermarktung braucht es Ehrlichkeit
Coaching kann hilfreich sein.
Selbstreflexion ist wichtig.
Veränderung ist möglich.
Aber bitte:
Nicht mit immer denselben Phrasen. Nicht mit schönem Schein. Und nicht auf deine Kosten.
Wenn du das Gefühl hast, du müsstest dich nur endlich „richtig reinhängen“, um glücklich, erfolgreich oder geheilt zu sein –
dann bist du vielleicht nicht falsch.
Dann ist es vielleicht einfach das falsche System.